Errinnere Dich an Dich – Mein Weg und meine Erfahrungen
Umso älter wir werden, kann es sein, dass unser Leben wie ein Rauschen ist – aus Bekanntem, Gewohntem und somit auch Ungefährlichem, oder?
Natürlich gibt es Verantwortungen, die man trägt – gegenüber der Familie, aber auch gegenüber sich selbst. Zum Beispiel: sich gut zu behandeln, mit sich selbst gut umzugehen und etwas zu erschaffen.
Schade ist zu sehen, dass wir Menschen zu verkopft durch die Welt ziehen, die Kontrolle nicht mehr abgeben wollen – aber gleichzeitig uns von uns selbst ablenken und Wünsche und Ziele von uns wegschieben und ignorieren.
So ging es mir vor einigen Jahren: Mental bin ich nicht gut mit mir umgegangen. Das Leistungsrauschen war das einzige Geräusch, das ich kannte – und das fast in allen Bereichen meines Lebens. Ich war mehr im Außen und wollte Erwartungen erfüllen und vergaß fast etwas in mir – etwas, das als kleines Mädchen groß geträumt hat, das Leichtigkeit leben konnte, frech und rebellisch.
Und ich fragte mich dann irgendwann: Wo ist dieser Teil eigentlich abhandengekommen?
In diesem Beitrag geht es um einen Start in einen Umbruch.
Es geht um das Zurücklassen oder Vergraben von Träumen.
Es geht darum, sich selbst zu vergessen, um angepasst zu sein – aber gleichzeitig zu wissen: Das ist nicht meine Natur. Das bin ich nicht.
Wer war ich eigentlich – bevor ich „funktioniert“ habe?
Ich glaube, wir alle wachsen heran mit großen Träumen, besonderen Eigenarten, einer wilden Fantasie. Doch irgendwo zwischen Schule, Beruf, Beziehungen und den Erwartungen von außen verlieren wir etwas – etwas, das sich eigentlich entfalten möchte. Unsere Essenz. Unser Potenzial. Unsere Seele, wenn man das so nennen möchte. Unsere Vorstellung vom Leben unterscheidet sich plötzlich von der, die wir einmal hatten – und man ergibt sich fast schon dem, was jetzt eben so ist. Dem, was nicht mehr zurückkommt.
Ich hatte nie diese klassischen Lebensziele – wie ein Exfreund von mir.
Er wusste schon mit Anfang 20, dass er Haus, Frau, Kind, Auto und Selbstständigkeit wollte. Alles bodenständig. Alles gesellschaftlich angesehen.
Für mich war das aber überhaupt keine Bestrebung.
Ich wollte frei sein, reisen, erkunden.
Ich wollte nie Kinder. Kein Reihenhaus am Stadtrand. Keine Ehe, die irgendwann wie ein Vertrag wirkt.
Und trotzdem habe ich mich in Beziehungen wiedergefunden, in denen genau das angestrebt wurde ja sogar auch erwartet. Heute weiß ich: Ich war immer schon ein bisschen anders. Und viele konnten – oder wollten – das nicht verstehen.
Trotzdem habe ich mich im Laufe der Zeit verabschiedet von der Freiheit.
Also von dieser gewissen Leichtigkeit, in der Druck keine große Rolle spielt.
Irgendwann habe ich mich doch verloren – in etwas, das ich nicht sein wollte.
Und ich wurde innerlich immer kleiner, verkrampfter, verbitterter.
Und das Interessante: Ich jagte kurzfristigen Erfüllungen hinterher.
Aber langfristig war mir alles zu viel.
Heute sehe ich das anders. Aber es war ein Weg, den ich gehen durfte – und es ist mein Weg. Rückblickend bin ich sehr stolz darauf.
Denn ich habe mich aus etwas herausentwickelt, das mich festhielt.
Und gleichzeitig habe ich auch etwas bearbeitet, das tief in meiner weiblichen Ahnenlinie liegt.
Der Tiefpunkt: wenn nichts mehr witzig ist
Ich hatte genug – genug von seltsamen Affären, von der Hoffnung auf eine liebevolle, echte Partnerschaft, von Freundschaften, bei denen ich mich fragte, ob sie wirklich welche waren. Ich wollte stolz auf mich sein, auf das, was ich im beruflichen Kontext geleistet hatte, ich wollte mich wieder wohler fühlen in meiner Haut, weil ich etwas erreicht hatte. Nichts Großes, nichts Aufwendiges – aber etwas, das sich gut anfühlt. Doch die Wahrheit war: Ich war unglücklich. Unzufrieden. Und versuchte mit noch mehr Leistung, noch mehr Tun, das irgendwie zu kompensieren – aber innerlich wurde es immer leerer. Bis zu dem Punkt, an dem sich etwas in mir aufbrach. Wie ein Urknall. Und dieser Teil in mir wusste plötzlich sehr klar: So geht es nicht weiter. So will ich nicht mehr leben. So unerfüllt.
Ich saß da – allein. Mit Tränen, mit Rotwein, mit Partynächten, die sich montagmorgens nur noch hohl anfühlten. Und das Schlimmste war: Ich wusste nicht weiter. Und niemand konnte mich wirklich da rausholen. Menschen, mit denen ich darüber sprach, meinten nur: „Das geht schon wieder vorbei, das haben wir alle mal.“ Aber das waren Menschen, die gerade etwas erschufen – eine Familie, ein Haus, ein Leben, das zumindest auf dem Papier rund wirkte. Und ich fühlte mich einfach nur verloren. Unverstanden. Und irgendwo auch falsch.
War das eine Midlife-Crisis? Vielleicht. Laut meiner Recherche beginnt die bei Frauen ja oft etwas früher. Aber es fühlte sich weniger wie eine Krise an, sondern mehr wie ein tiefes Aufwachen. Mir fehlte ein schöpferischer Lebenszyklus. Ich wollte nicht mehr nur abarbeiten, leisten, funktionieren, um mir dann irgendeine Pause zu „verdienen“. Ich wollte etwas erschaffen, das aus mir kam, etwas Echtes. Ich stolperte über meine eigenen Gedanken und Gefühle, über all das, was sich über die Jahre angestaut hatte, was ich weggedrückt hatte – und was jetzt nicht mehr bereit war, ungesehen zu bleiben.
Und so begann die Suche – langsam, zaghaft, aber auch ehrlich. Und mit ihr kam die Konfrontation mit all meinen inneren Wenns und Abers, die mir erzählen wollten, dass das schon wieder wird, dass ich mich nicht so anstellen soll. Aber tief in mir wusste ich: Da ist mehr. Und ich wollte – und konnte – das nicht mehr so hinnehmen. Auf leisen Sohlen, Schritt für Schritt, fing ich an, alles mutiger zu hinterfragen.
Der Wendepunkt: Allein im Homeoffice – allein mit mir
Dann kam diese Zeit, in der plötzlich alles still wurde. Lockdowns, geschlossene Türen, das Leben wie eingefroren. Die Welt zog sich zurück – und ich mich auch. Für mich bedeutete das: Homeoffice. Keine Ablenkung mehr. Kein hektischer Alltag, kein Weglaufen. Nur ich. Ganz allein mit mir. Ich hätte mich in Vorwürfen verlieren können, in der Außenwelt, in Serien, Nachrichten oder Online-Shopping. Doch ich habe anders entschieden.
Ich begann, Kurse zu machen, tauchte ein in das tiefe, oft schmerzhafte Feld der persönlichen Weiterentwicklung, weil die Begegnung an der Oberfläche mir keine Antworten mehr gab. Da war etwas in mir, das tiefer schauen wollte – musste. Und ich durfte hinsehen:
– Glaubenssätze, die in mir einprogrammiert waren, deren Code ich aber nie zu knacken wusste,
– Schuldgefühle – gegenüber mir selbst, aber auch gegenüber anderen,
– Wünsche, die ich mir lange nicht erlaubt hatte,
– meine eigene Schattenwelt und all die Trigger, die sie immer wieder aktivierten,
– der Schmerz der Abhängigkeit – von Menschen, von Dingen, die mir nicht gut taten, mich aber beschäftigten,
– Beziehungen, Verbindungen – echte wie unechte,
– meine Fehler, ihre Konsequenzen, ihre Vergebungsprozesse.
Ja, ich hatte schon viel gelesen, mir vieles angeschaut – aber diesmal war es anders. Es war tiefer. Ehrlicher. Und es tat weh. Neulich sagte mir eine Klientin, wie traurig sie es findet, dass wir Menschen wie Korken an der Oberfläche unseres Bewusstseins treiben, anstatt wirklich hinzuschauen. Und ich verstand genau, was sie meinte. Wir verstecken so viel – hinter Masken, Widerständen, Ängsten.
Ich begann, mich langsam aus dem Kopf in den Körper zu bewegen. Ich begann zu verbinden, was lange getrennt war: Denken und Fühlen, Kopf und Herz, Kontrolle und Hingabe. Ich zog mich zurück – weg von den Ablenkungen, die mich in einem hohlen Raum hielten. Die mich zwar ständig beschäftigten, aber nie mit mir selbst. Nur mit dem Außen. Verrückt eigentlich.
Ich fing an zu meditieren. Ganz vorsichtig, ganz langsam. Ich tastete mich heran an die Stille, an tiefere Schichten. Ich begann zu reflektieren – mit Fragen, die manchmal wehtaten, die Widerstand auslösten:
– Was kannst du dir selbst nicht vergeben?
– Welchen Fehler kannst du nicht rückgängig machen?
– Wenn du dein Leben von heute auf morgen ändern könntest – was würde dir fehlen?
– Was hast du als Kind gerne gemacht?
– Wovon hast du als Kind geträumt – und warum ist es nicht wahr geworden?
Schicht für Schicht löste ich mich aus meinem Verstand, der mir gerne alles ausredete, sich wand wie eine Schlange – wendig, schnell, überzeugend. Und ich kam tiefer in meinen Körper. Und dort verstand ich plötzlich, was all das mit mir gemacht hatte. Wie angespannt ich war. Wie überreizt mein Nervensystem vom ständigen Funktionieren, vom ständigen Tun, vom täglichen Kampf gegen meine inneren Neins – die nicht aus dem Kopf kamen.
Und auch wenn das bedeutete, mich ab und an dem Unangenehmen zu stellen – dem Unverständlichen, dem Abstrakten – begann sich etwas zu wandeln. Und was von all dem Chaos, der Sinnkrise, der Rastlosigkeit schließlich übrig blieb, war: ein Stück mehr ich selbst.
Und das, rückblickend, war vielleicht das Beste, was mir passieren konnte.
Der Prozess ist nicht linear – er ist echt
Natürlich gab es Rückschläge. Emotionale Kotzanfälle. Fehler, die ich wiederholte. Grenzen, die ich erneut nicht setzte. Ein „Nein“, das mir wieder nicht über die Lippen kam. Es war ein Lernen mit Rückschritten – als müsste ich bestimmte Lektionen mehrfach durchleben, bis ich irgendwann an einem Punkt innerlich einen Marker setzen konnte: Okay, das habe ich jetzt verstanden. Und dann durfte diese Akte geschlossen und ins Archiv gelegt werden.
Doch je mehr ich arbeitete – an mir, mit mir, durch mich hindurch – desto ruhiger wurde es in mir. Interessant, oder? Denn eins sollte nicht unerwähnt bleiben – nicht als Warnung, sondern als Realität: Wenn man beginnt, unter die Oberfläche zu tauchen, kann das Gefühl entstehen, als würde es kein Ende nehmen. Es kommt so viel hoch, manchmal mehr, als man verarbeiten kann. Und ja, auch ich bin mir dabei selbst auf die Nerven gegangen – mit Themen, bei denen ich dachte: Wirklich? Schon wieder? Hatten wir das nicht längst angeschaut?
Aber mit jeder kleinen Erkenntnis, jedem weiteren Tauchgang, veränderte sich etwas.
Ich liebe in diesem Zusammenhang die Metapher des Sees: Anfangs schwimmen wir nur oben, an der Oberfläche. Wir blicken ins Wasser und denken: Ganz schön tief hier unten. Und dann – irgendwann – springen wir. Vielleicht tauchen wir beim ersten Mal nur kurz unter. Doch mit der Zeit werden wir mutiger. Wer schon einmal wirklich getaucht ist, weiß: Dort unten ist eine besondere Stille. Eine kraftvolle. So fühlt sich das Unterbewusstsein an, wenn man beginnt, ihm Raum zu geben – wenn man nicht mehr wegsieht, sondern offen begegnet, was sich da verborgen hat. Bewusst oder unbewusst.
Aber genau diese Stille fürchten viele. Gerade heute. Denn in der Stille beginnen wir, uns selbst zu hören. Und davor schrecken wir zurück. Lieber hören wir zu, was andere sagen – ob sie etwas zu sagen haben oder nicht. Das klingt hart, ich weiß. Aber für mich ist das eine der klarsten und wichtigsten Erkenntnisse der letzten Jahre. Kein Wunder, dass so viele sich verweigern, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Weil es unbequem ist. Weil es Kraft kostet. Weil es ehrlich macht.
Vor einigen Jahren erzählte mir eine Bekannte etwas, das mich tief traf. Sie sagte, dass sie am Wochenende keine Verabredungen habe, überlegte an den See zu fahren. Ich schlug vor: „Dann schnapp dir dein Rad und fahr raus.“ Ihre Antwort: „Nein, da bin ich ja allein. Und mit mir ist es langweilig.“
Dieser Satz hat gesessen. Vor allem, weil sie damals keinen Partner hatte und verzweifelt versuchte, jemanden zu finden. Und auch hier zeigt sich wieder: Wenn ein solcher Glaubenssatz nicht nur gedacht, sondern sogar ausgesprochen wird, dann ist es höchste Zeit, genauer hinzuschauen. Allein schon die Frage: Ist das wirklich wahr? – kann einen inneren Durchbruch auslösen.

Erinnerungen, die deine Selbstheilung aktivieren
Erinnerungen an uns selbst können manchmal abschrecken – vor allem dann, wenn wir uns im Moment nicht bereit fühlen, wirklich hinzuschauen. Und ja, das ist an vielen Stellen absolut nachvollziehbar. Es gibt Erinnerungen, die widersprüchlich sind – eine Mischung aus gut und nicht so gut – und dann gibt es diese besonderen, schönen Momente, die in uns etwas Leuchtendes zurücklassen.
Aber alle – wirklich alle – haben eines gemeinsam: Sie machen etwas mit uns. Sie bewegen etwas in uns. Und manchmal, wenn wir bereit sind, uns mit ihnen auseinanderzusetzen, können sie sogar ein Schlüssel sein – ein Moment, in dem innere Wundheilung angestoßen wird.
Im Kontext von Erinnere dich an dich kamen mir Situationen in den Sinn, die mich an etwas erinnert haben, das fast verloren gegangen war:
An meinen Kindheitstraum, ein eigenes Business zu haben. Ich spielte früher „Büro“, schrieb Rechnungen, führte „Meetings“ – ich wollte als Kind schon etwas Großes erschaffen. Zwischenzeitlich wollte ich sogar Architektin werden, um etwas Bleibendes, etwas Sichtbares zu gestalten.
Ich erinnerte mich daran, wie schön es war, Träume zu haben – und gleichzeitig auch an all die Menschen, die mir diese Träume schon in jungen Jahren ausreden wollten.
Daran, wie ich als Kind oft nicht verstanden wurde. Wie ich manchmal in meiner ganz eigenen Sprache gesprochen habe, in meinem „Kauderwelsch“, und wie wütend das Erwachsene machte. Diese Wut hat sich lange in mir eingebrannt und damit auch der Glaubenssatz ich werde nicht verstanden.
Ich erinnerte mich an das kleine Mädchen, das traurig aus dem Fenster schaute – und das glaubte, nur dazuzugehören, nur mitspielen zu dürfen, wenn es das tat, was andere sagten.
Wir alle werden geprägt. Und vielleicht ist es genau diese Prägung, durch die wir uns selbst irgendwann wiederfinden können. Aber ganz ehrlich? Eigentlich finde ich es total unnötig 🙂 – wie viel einfacher könnte es sein, wenn wir einfach so sein dürften, wie wir sind? Und wenn wir dann lernen würden, uns miteinander zu arrangieren, statt uns gegenseitig zu formen oder zu verbiegen?
Aber diese Komplexität von uns Menschen – sie hat so viele Schichten, so viele Facetten, dass sie manchmal einfach nur überfordernd wirkt.
Der Schmerz anderer als Weckruf für mein Leben
Beide meiner Eltern wurden – unabhängig voneinander – schwer krank. Unheilbar. Und ich habe gesehen, wie hart sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben. Wie viele ihrer Träume sie verdrängt, wie oft sie sich selbst klein gemacht haben. Ich wünschte, sie hätten mehr Freude erleben dürfen, mehr Leichtigkeit, mehr Ruhe. Besonders jetzt, in ihrer Rente. Sie sollten ihren Garten genießen, sich dort ausruhen, zur Ruhe kommen. Doch alles kam anders als gedacht. Vieles, was über Jahre verdrängt wurde, kam nun hoch – durch Krankheit.
Das macht etwas mit einer Familie. Es macht auch etwas mit mir – als Tochter. Und so schmerzhaft das alles ist: Dieses Leid hat mir eines ganz klar gezeigt – ich muss mein Leben leben.
Auch wenn ich nicht immer weiß, wohin es geht. Auch wenn ich manchmal nur den nächsten kleinen Schritt sehen kann. Aber ich sehe ihn. Ich spüre ihn. Und ich beginne zu erlauben, dass Wünsche da sein dürfen. Dass ich zumindest versuchen darf, ihnen zu folgen. Einen Versuch ist es immer wert.
Ich erinnere mich an das kleine Mädchen, das Eiskunstläuferin werden wollte – voller Begeisterung auf dem Eis stand und sich zuhause jedes Mal aufs Neue verzaubern ließ, wenn Eislaufen im Fernsehen kam. Bis sie dafür ausgelacht wurde.
Ich erinnere mich an die Frau, die nach einer Trennung ihr Herz verschloss – komplett. Und an die Frau, die es Jahre später langsam wieder öffnete. Nicht für jemand anderen. Sondern für sich selbst. Für ihr eigenes Gefühl von „mehr“. Nicht im materiellen Sinne. Sondern im seelischen.
Vergrabenes kann man wieder nach oben holen
Kurz vor den ersten Lockdowns startete ein Bekannter seine Weltreise – voller Vorfreude, aber auch mit einer Portion Angst, ganz allein durch die Welt zu reisen. Er begann in Asien, doch dann kam alles anders: Menschen wurden nach Deutschland zurückgeflogen, Chaos brach aus – auch ich musste meine lang ersehnte Balireise absagen, auf die ich mich so gefreut hatte.
Er musste seine Reise abbrechen und wieder in eine Festanstellung zurückkehren. Damit begann für ihn das, was viele kennen: den eigenen Traum begraben. Die Weltlage blieb ungewiss, und obwohl sich später wieder mehr Möglichkeiten auftaten, hatte er sich innerlich längst davon verabschiedet. Er sagte irgendwann zu mir: „Ich hab das Thema für mich abgeschlossen.“
Ich antwortete ihm: „Nur weil etwas vergraben wurde, heißt das nicht, dass du nicht weißt, wo es liegt. Du kannst es jederzeit wieder ausgraben.“
Vielleicht wirst du es irgendwann bereuen, es nicht wenigstens noch einmal versucht zu haben.
Diesen letzten Satz habe ich mir selbst auch oft gesagt. Er begleitet mich immer wieder – besonders in Momenten, in denen die Zweifel lauter werden, Ängste mich zurückhalten und ich mich selbst mit all den Wenns und Abers auf die Nerven gehe.
Wenn dich ein Gedanke oder ein Wunsch einfach nicht loslässt – dann verfolge ihn. Begrabe ihn nicht, nur weil dir jemand etwas anderes einredet – selbst du nicht! Hör dir deine Ausreden an, aber finde Gegenbeweise. Gründe, warum es doch möglich ist. Auch wenn es nicht exakt so aussieht, wie du es dir vorgestellt hast – es geht um das Gehen. Um das Priorisieren. Um das Erkennen deiner Selbstgespräche. Aber nicht darum, ihnen immer blind zu glauben.
Vielleicht klingt das jetzt wie ein seltsames Beispiel, aber neulich war ich auf dem Weg zu meiner Fahrradwerkstatt und kam an einer Bankfiliale vorbei. Dort hatte der Geldautomat öfter schon nicht funktioniert – und sofort liefen meine inneren Stimmen los: „Da bekommst du eh kein Geld. Hat ja die letzten Male auch nicht funktioniert. Spar dir den Weg, fahr direkt zur anderen, weiter entfernten Bank.“
Wenn ich diesen Gedanken gefolgt wäre, wäre ich gar nicht erst reingegangen. Aber ich bin rein – und siehe da: Ich konnte Geld abheben. Vielleicht nicht jedes Mal. Aber diesmal ging es.
Unsere Gedanken halten uns oft von so vielem ab, weil wir aufgehört haben, sie zu hinterfragen. Und ich glaube, genau deshalb funktionieren so viele von uns nur noch im Alltagsrauschen. Weil nichts mehr wirklich hinterfragt wird – sondern einfach hingenommen. Auch wenn das Risiko darin besteht, sich selbst dabei zu verlieren. Sich Erfahrungen zu berauben. Und neue Beweise zu verpassen, dass etwas vielleicht doch möglich ist.
Erinnere dich an dich.
Erinnere dich an dich – an die Person, die du einmal warst. An die, die du sein wolltest. An all die wilden Gedanken, die du hattest, bevor du begonnen hast, sie dir auszureden. Erinnere dich an die Version von dir, die irgendwann nur noch ein Bild war – eines, das anderen gefallen sollte. An den Anteil in dir, der große Träume trug, aber seine eigenen Ausreden erfand. An den Teil, der sein Herz verschloss, weil der Verstand gesiegt hatte.
Erinnere dich an die tiefe Liebe zu dir selbst, die du dir über Leistung beweisen wolltest. An Erfolge, die du nie wirklich gesehen hast, weil du schon beim nächsten Ziel warst.
Auch wenn du dich gerade verloren fühlst. Auch wenn da dieses Gefühl in dir ist, dass das hier nicht alles gewesen sein kann – und dein „Wie“ noch in weiter Ferne liegt: Vertraue deinem Prozess.
Auch wenn du im Moment stagnierst. Auch wenn du keine Ahnung hast, wie lange es noch dauert, wie viele Umwege dich noch erwarten. Geh weiter.
Erinnere dich an deinen Mut, an deine Freude, an deine Freiheit, deine Leichtigkeit, deine Abenteuerlust – selbst wenn du heute noch nicht weißt, wie du sie zurückholen kannst.
Ich freue mich, wenn du mir ein Feedback dalässt – was du für dich mitnehmen konntest, was dich berührt hat oder was in dir vielleicht etwas angestoßen hat. Nutze gerne die Kommentarfunktion dafür.
Liebe Grüsse Nicole
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