Die Werkzeuge, um mit den Verletzungen des Lebens umzugehen
Auch zum anhören :
Wir haben alle gelernt, wie wir uns ablenken können – von uns selbst, unserer Innenwelt, unseren Verletzungen und Schmerzen, die wir nicht wagen anzuschauen. Gesellschaftlich akzeptierte Ablenkungsstrategien sind allgegenwärtig, aber was passiert, wenn diese Strategien nicht mehr ausreichen? Was, wenn sie uns langfristig mehr schaden als helfen?
Viele nutzen diese Strategien als Ventil, doch irgendwann rufen sie nach einer Revolution – danach, dass wir hinschauen, statt uns nur zu betäuben. Denken wir an die Menschen, die auf der Straße leben und mit übermäßigen Konsum- oder Verhaltensweisen kämpfen, die ihnen nicht guttun. Das ist ein extremes Beispiel, aber die Wahrheit ist: Bewältigungsstrategien ziehen sich durch alle Gesellschaftsschichten. Sie werden gerne heruntergespielt oder ignoriert aber sie sind trotzdem da und für jeden von uns ein Thema. Diese „Werkzeuge“ im Leben um mit unseren Verletzungen und Wunden umgehen zu können.
Wir alle haben unsere „ungesunden“ Strategien, mit denen wir versuchen, das zu verdrängen, was uns wirklich beschäftigt – alte Wunden, die wir gut versteckt haben. Doch diese werden so lange an die Tür unseres emotionalen Kellers klopfen, bis wir sie ansehen und bearbeiten.

Mehr Bewältigung als Werkzeug
Wenn ich zurückblicke und auch heute mich umschaue, erkenne ich, dass viele von uns gelernt haben, mit Verletzungen umzugehen – doch meistens durch Bewältigungsstrategien und weniger Werkzeuge. Mehr durch deckeln und irgendwie ablenken anstatt wirklich sich damit zu beschäftigen. Und ich persönlich sehe es als eine riesen Fähigkeit von uns Menschen für Momente auch mal deckeln zu können, aber langfristig zweifel ich das an ob es immer wieder die richtige Strategie ist.
Diese Strategien helfen uns, für den Moment besser klarzukommen, aber langfristig lösen sie nichts. Sie wirken wie ein Pflaster auf eine Wunde, ohne die eigentliche Ursache anzugehen.
Was nutzen wir so, um uns abzulenken oder zu betäuben?
- Überessen
- Lästern oder andere herabsetzen
- Exzessiver Sport
- Stundenlanges Scrollen durch Social Media
- Alkohol, Drogen, Rauchen
- Shopping
- exessiver Ordnungswahnsinn
- Spielen
- uvm.
Natürlich kommt es immer darauf an, wie oft und in welchem Maße wir diese Strategien anwenden. Doch selbst die gesellschaftlich akzeptierten Ablenkungen können uns auf Dauer schaden, wenn wir sie nicht hinterfragen oder auch einem Update unterziehen.
Für mich persönlich macht es einen Unterschied ob ich mich 30 Minuten bei Social Media mal ein wenig ablenke oder Stunden dort verbringe obwohl vielleicht was anderes sinnvoller ist.
Es macht für mich auch einen Unterschied ob ich mir einmal ein Gläschen Wein gönne oder mehrmals in der Woche eine Flasche am Abend, ich denke da stimmst du mir zu oder?
Wir alle nutzen diese Dinge mehr oder weniger, aber es kommt auf die Menge an, es kommt darauf an wann man es nutzt und ob es dich eher weiterbringt, oder ob es dich eher aufhält?
Übung:
Wenn du Lust hast, dann schreibe mal für Dich auf was du nutzt um dich eher von unangenehmen Gefühlen abzulenken. Welche „Bewältigungsstrategien“ du nutzt und in welcher Menge. Sei da sehr ehrlich zu Dir, es muss keiner erfahren bis auf dich selbst. 🙂
Hinweis: Oft nehmen wir sowas auch als Belohnungssystem, weil wir das irgendwann mal so abgespeichert haben. Das kann durchaus trügerisch sein, aber ganz tief in uns wissen wir, was uns gut tut und was nicht.
Ich persönlich habe mich oft stundenlang mit TV abgelenkt – mit irgendetwas, das mich zwar unterhalten und abgelenkt hat, aber mich kein Stück weitergebracht hat. Es war nett für den Moment, aber wirklich etwas für mich mitnehmen konnte ich nicht. Am Ende blieb ich trotzdem mit meinen negativen Themen beschäftigt, ohne eine Lösung zu finden.
Neue Werkzeuge im Leben statt nur Bewältigung
Die genannten Strategien verschaffen kurzfristig Erleichterung, das stimmt. Doch langfristig deckeln sie nur, was uns wirklich beschäftigt. Es entsteht Druck unter der Oberfläche, der uns davon abhält, zu uns selbst zu finden bzw. Lösungen zu erarbeiten oder uns aktiv und nicht passiv mit „schmerz“ in uns beschäftigen.
Die „neuen Werkzeuge“, über die ich sprechen möchte, sind Wege, wie wir uns mit uns selbst auseinandersetzen können. Und ja, ich weiß – das ist oft alles andere als angenehm.
Eine Bekannte von mir, die sich mit persönlicher Weiterentwicklung beschäftigt, stellt sich ihre inneren Themen wie einen großen Schrank vor. Stück für Stück öffnet sie die eine oder andere Schublade, holt etwas heraus und bearbeitet es. Eine andere Bekannte hingegen meinte, dass ihre Schubladen so voll seien, dass sie sie lieber nie wieder öffnen möchte – gleichzeitig aber das Gefühl hat, dass sie irgendwann platzen werden.
Beide hatten die selbe Metapher den Schrank, die eine arbeitet aktiv und die andere hält aus bis es dann wirklich nicht mehr geht. Was würdest du machen? Welche Strategie würdest du wählen?
Sechs Werkzeuge, die dir helfen können
Hier sind einige Werkzeuge, die dir dabei helfen können, mit deinen inneren Themen umzugehen:
- Ehrlichkeit
Sei ehrlich zu dir selbst und gestehe dir ein, dass du dich mit dir beschäftigen musst. Wenn du das Gefühl hast, da ist etwas, das du anschauen solltest – dann fang an. - Geduld
Veränderung braucht Zeit. Oft wollen wir alles schnell, sofort und perfekt erledigen, aber echte Heilung erfordert Geduld. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um Verletzungen zu bearbeiten. Dein Körper zeigt dir, wie lange er braucht, um zu heilen – und genauso ist es mit deinen „verletzten“ Emotionen. - Akzeptanz
Akzeptiere, dass es im Moment so ist, wie es ist. Das ist nicht immer einfach, aber es ist ein erster Schritt. Akzeptiere auch, dass du vielleicht jahrelang versucht hast, Dinge zu verdrängen, und dass es jetzt Zeit ist eine Wende einzuleiten.

4. Hilfe suchen
Manchmal brauchst du Unterstützung – sei es von einem Experten oder einer vertrauten Person aus deinem Umfeld. Es kann enorm helfen, jemanden zu haben, der mit dir gemeinsam deine innere Kellertür öffnet, dir eine Taschenlampe hält und dich begleitet.
5. Automatismen bewusst machen
Viele Bewältigungsstrategien sind automatisiert – sie laufen ab, ohne dass wir darüber nachdenken. Der erste Schritt zur Veränderung ist, diese Automatismen bewusst zu machen.
Beispiel: Eine Bekannte von mir wollte mit dem Rauchen aufhören, sie hatte es auch ein paar Tage durchgehalten. Eines Tages bestellte sie beim Tanken wie gewohnt Zigaretten, bemerkte es aber mittendrin das Sie mit rauchen aufgehört hatte. Sie kaufte sie trotzdem. Ich sagte ihr: „Das ist doch ein toller Einstieg! Du hast es bewusst wahrgenommen – und das nächste Mal wirst du vielleicht sie gleich zurückgeben.“ Aber dieses automatische handeln verknüpft mit tanken und Zigaretten kaufen war so in ihr verankert, dass sie kaum noch drüber nachgedacht hat.
Vielleicht kennst so solche verknüpften Handlungen auch von Dir?
6. Alternativen schaffen
Wenn du deine automatischen Bewältigungsstrategien erkannt hast, kannst du nach Alternativen suchen. Schreib dir eine Liste von Dingen auf, die du stattdessen tun könntest.
Beispiel: Statt nach einem stressigen Tag zum Wein zu greifen, könntest du einen Tee machen, spazieren gehen, tanzen oder mit jemandem sprechen.
Du bist bereits in der Veränderung
Es ist nicht einfach, mit alten Verletzungen bewusster umzugehen und neue Werkzeuge zu nutzen, anstatt ausgedienter Bewältigungsstrategien. Es erfordert Mut, Geduld und manchmal Unterstützung. Doch der erste Schritt ist, ehrlich zu sich selbst zu sein und sich auf den Weg zu machen.
Die alten Strategien sind bequem und vertraut, aber sie lösen nichts. Wenn du bereit bist, etwas zu verändern, beginn mit kleinen Schritten – und denke daran: Es ist ein Prozess, kein Wettlauf.
Vertrauen deinem Prozess, genieße deine Veränderung.
Liebe Grüsse,
Nicole
PS: Wenn du Lust auf unterstützende Meditationen hast, dann schau gerne auf meinem Youtube-Kanal vorbei.
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