Angst vor Veränderung
Wir alle haben uns eine Zone geschaffen – ein Umfeld, in dem wir uns sicher und geborgen fühlen, oder? Das ist auch wichtig. Doch genauso dürfen wir uns fragen: Ist es immer noch stimmig? Oder sind wir an manchen Stellen vielleicht schon herausgewachsen?
Viele von uns kennen Momente, in denen wir uns plötzlich nicht mehr wohlfühlen. Wir beginnen, Dinge zu hinterfragen – aber gleichzeitig tauchen „Wenns“ und „Abers“ auf, die uns zurückziehen. Plötzlich sagen wir uns: Veränderung ist gefährlich. Ich darf mir nicht trauen, wenn Zweifel hochkommen. Und statt bei uns selbst hinzuschauen, beginnen wir oft, andere zu kritisieren, die etwas verändern wollen.
Ich habe das selbst erlebt. In meiner letzten Anstellung wurden neue Prozesse eingeführt, es sollte agiler gearbeitet werden. Einige begrüßten die Neuerungen: mehr Transparenz, klarere Prioritäten. Aber es gab auch viel Gegenwind – aus Angst, die Kontrolle zu verlieren, Fehler zu machen, oder schlicht aus Unsicherheit. Es wurde diskutiert, gekämpft – und leider oft gegen die Menschen, die die Veränderung unterstützten.
Wir Menschen wollen Energie sparen. Deshalb betten wir uns gern in Gewohnheiten ein. Doch wenn wir merken, dass etwas nicht mehr funktioniert, suchen wir oft Schuldige – oder verfallen ins Meckern. Vielleicht kennst du solche Menschen. Vielleicht bist du manchmal selbst so einer?
In diesem Beitrag möchte ich ermutigen Veränderung als Prozess zu sehen und seinem Gefühl zu vertrauen.
Über Angst spricht man nicht
Der Begriff „Angst vor Veränderung“ klingt groß, aber darunter liegen oft viele kleine, tiefe Ängste:
- Angst, die Kontrolle zu verlieren
- Angst, Fehler zu machen
- Angst, nicht gut genug zu sein
- Angst, nicht verstanden zu werden oder es selbst nicht zu verstehen
Das Problem ist: Über diese Ängste wird selten gesprochen. In meinem Beispiel damals hat kaum jemand versucht, den Menschen die Angst zu nehmen – man hat diskutiert, aber nicht zugehört.
Das betrifft nicht nur berufliche Situationen. Auch im Privaten wollen viele etwas verändern – sei es ihre Beziehung, Gesundheit oder Lebenssituation. Doch wenn der Leidensdruck zu groß wird und ein Schritt nötig wäre, ziehen manche plötzlich zurück. Warum?
Weil dann alte Glaubenssätze hochkommen. Angst vor Ablehnung. Angst, etwas Vertrautes zu verlieren – selbst, wenn man es gar nicht mehr will. Auch Menschen in deinem Umfeld – Familie, Freunde, Partner – könnten Angst haben, dich zu verlieren, wenn du dich veränderst.
Und es mag auch etwas abstrakt klingen, aber oft hat es einen versteckten Nutzen uns weiterhin in dem altbekannten zu bewegen anstatt neues anzupeilen bzw. wirklich die Schritte zu gehen.

Angst zu gehen
Wenn ich mit Menschen über dieses Thema spreche, stelle ich manchmal folgende Frage: „Wenn du von jetzt auf gleich ALLES verändern könntest – was aus deinem ALTEN Leben dürfte bleiben?“
Diese Frage zeigt oft auf, woran wir unbewusst festhalten – selbst an Dingen, die uns nicht mehr guttun. Sie hilft auch, sich selbst ehrlicher zu begegnen, statt in Ausreden zu verfallen. Es geht manchmal garnicht um die Veränderung selbst sondern um das was wir dann verlieren an dem wir bewusst oder unbewusst hängen.
Denn: Menschen halten sich oft selbst auf – und geben gleichzeitig anderen die Schuld. Und ja, manchmal liegt es auch an anderen. Aber nicht immer. Und das darf man sich ehrlich anschauen.
Veränderung hat auch viel mit unserer Vergangenheit zu tun:
Was wurde uns vorgelebt?
Wie wurde mit Scheitern umgegangen?
Wurden wir ermutigt – oder gebremst?
Vielleicht gibt es Menschen, die du bewunderst oder beneidest, weil sie Dinge tun, die du auch gerne tun oder haben würdest. Doch du siehst nur das Ergebnis – nicht den Weg dorthin. Vielleicht willst du diesen Weg auch gar nicht sehen, weil er Arbeit bedeutet. Und wir sind oft müde, voll mit Aufgaben und Erwartungen. Aber wer fragt sich schon: Was davon darf gehen? Was hat jetzt keine Priorität mehr? – um Raum zu schaffen für Veränderung? Und damit wirklich den Weg zu gehen zu dem Ziel was man sich wünscht?
Ein Beispiel: Ich hatte ein Gespräch mit einer Person, die von der Selbstständigkeit träumte – aber daran scheiterte, dass sie „nicht genug Geld“ dafür hatte. Ich stellte ihr folgende Fragen:
- Wie lange müsstest du sparen, um Summe XY zu erreichen?
- Brauchst du wirklich diese Summe – oder geht es auch mit weniger?
- Welche Alternativen gäbe es? Kredit? Unterstützung von anderen?
Ein paar Tage später fragte ich, ob sie sich mit den Fragen beschäftigt hatte. Die Antwort: Nein, sie hatte „keine Zeit“. Gleichzeitig erzählte sie mir, dass sie eine neue Serie auf Netflix angefangen hatte. Spannend, oder? Und gleichzeitig so schade. Denn es hätte vielleicht 30 Minuten gebraucht, sich ehrlich mit den Fragen zu beschäftigen.
Ja, es kann Angst machen, Zeit und Geld in sich selbst zu investieren. Aber ist es das nicht wert? Wenigstens, um dem eigenen „Lösungsmuskel“ die Chance zu geben, über die selbstgebauten Mauern hinwegzuschauen? Du musst deine Grenzen nicht sofort fallen lassen – aber vielleicht mal einen Blick darüber werfen.
Vorlage der Veränderung
Ich finde, es gibt ein wunderbares Konzept: Die „Vorlage der Veränderung“
Wir alle tragen eine Art innere Blaupause in uns – bestehend aus Genetik, Erfahrungen, Glaubenssätzen, Ängsten und Konditionierungen. Uns wurde beigebracht, ob Veränderung funktioniert oder nicht. Ob sie Freude oder Schmerz bringt. Selbst wie wir Erfolg definieren, hängt davon ab, was wir gelernt haben.
Wenn du dich gerade in einer Veränderungsphase befindest oder einfach tiefer einsteigen willst, dann nimm dir folgende Fragen mit.
Fragen zur „Vorlage der Veränderung“:
- Wer oder was hat dir beigebracht, wie Veränderung funktioniert?
- Was muss passieren, damit du dich veränderst?
- Was tust du, um dich von Veränderung abzulenken?
- Wie gehst du mit Druck um, der dich zu Veränderung drängt?
- Wer oder was hat dir beigebracht, dass Veränderung nicht möglich ist?
Lass dir Zeit mit diesen Fragen. Du musst sie nicht sofort beantworten. Sie dürfen wirken. Fragen sind Türöffner zu tieferen Schichten – wenn du sie nicht mit oberflächlichen Antworten abtust, nur weil du Angst hast, was hochkommen könnte.
Ein letzter Punkt zum Schluss:
Die Antworten, die da auftauchen, können unangenehm sein. Sie können dich herausfordern. Aber aus meiner Erfahrung – und der vieler anderer – ist nichts schwieriger, als ständig gegen die Veränderung zu kämpfen.
Vielleicht ging es den Menschen in meinem Beispiel am Anfang gar nicht um die Veränderung selbst – sondern um die Angst, dabei etwas über sich zu entdecken, das sie so noch nicht kannten. Vielleicht etwas, das wachsen will.
Erschrick nicht vor den Antworten, die in dir auftauchen.
Leg sie zur Seite, wenn du magst. Aber sei dir bewusst:
Sie kommen aus dir.
Ich freue mich über deinen Kommentar – und was der Text mit dir gemacht hat.
Liebe Grüsse Nicole
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